Schreiballtag

Wie sieht dein Schreiballtag aus?

Als ich während meiner Schulzeit an dem ersten Buch von der Legende von Marana gearbeitet habe, schrieb ich sehr regelmäßig, meist immer an demselben festen Platz und das über Jahre. Ich kam nur langsam voran, da ich als Schüler erst beim Schaffen der Geschichte lernte, diese zu erzählen. Da die Geschichte aus mehreren Handlungssträngen besteht und vor allem in den folgenden Bänden noch komplexer wird, war es zudem von ungemeiner Wichtigkeit, bedeutende Grundbausteine für den Fortgang der Legende und auch für das Ende der Serie bereits im ersten Buch zu legen – und sei es nur durch unscheinbare Informationen, welche schnell überlesen werden können. Der Prozess von Planen und Schreiben stand in einem ständigen, nie endenden Wechselspiel; täglich befasste ich mich mit beidem.

Heutzutage bin ich sehr durch meine berufliche Tätigkeit als Dozent, Lektor und Übersetzer eingenommen, habe meinen Lebenstraum, aus diesem Erstlingswerk eine umfangreiche Serie zu schaffen, jedoch weder vergessen noch verworfen. Durch mein Studium der Literatur und meine Arbeit für andere Schriftsteller habe ich meine Fähigkeiten so weit ausgebaut, dass ich nun mit Überzeugung an der Neuveröffentlichung der Serie arbeite.

Rückblickend möchte ich jedem, der über das gelegentliche Ausleben eines Hobbies auch beruflich eigene Werke schaffen möchte, ans Herz legen, entsprechende Prioritäten im Leben und im Alltag zu definieren. Seht Eure Autoren- und Künstlertätigkeit als Eure „Arbeit“ und etabliert sie fest in Eure tägliche Routine.

Was brauche ich, um ein Buch schreiben zu können?

„Muss ich gut im Deutsch-Unterricht sein oder gar Literatur studieren, um ein Buch zu schreiben?“

Ich habe noch keinen Schreib-Workshop gehalten, bei dem mir diese Frage nicht gestellt wurde. Auch wenn sich Lehrer und Eltern über zuversichtliche Zustimmung freuen, damit ihre Schützlinge zum Lernen motiviert werden, beantworte ich diese Frage grundsätzlich mit Nein.

Selbstverständlich ist es hilfreich, die Regeln von Rechtschreibung, Grammatik und Syntax zu beherrschen, wenn man selbst einen Text produzieren will. Die Arbeit und der Umgang mit literarischen Werken ist ebenso förderlich, aber nicht ausschlaggebend. Das Wichtigste für den Anfang ist die Idee für eine ergreifende Geschichte.

Aufstrebenden Autoren und Zeichnern möchte ich ans Herz legen: Entwickelt einzigartige Charaktere, Welten und eine umwerfende Erzählung, alles andere kommt mit der Übung und mit der Zeit. Wenn Eure Geschichte gut durchdacht und erst einmal von Anfang bis Ende konstruiert ist, dann habt Ihr genug Zeit, sie stilistisch aufzuarbeiten und sie anderen in die Hand zu geben, um Verbesserungsvorschläge zu erhalten.

Schreiben (und Zeichnen) zu meistern ist nicht anders als das Erlernen einer neuen Sportart oder eines Musik-Instruments. Man ist nicht durch angeborenes „Talent“ schon beim ersten Wort oder Pinselstrich perfekt. Niemand, der zum ersten Mal eine Geige in die Hand nimmt, kann sofort ein Lied spielen. Niemand, der zum ersten Mal blanke Seiten mit seiner eigenen Kreativität füllt, darf erwarten, dass ein solches Spontanwerk sofort bestmöglich formuliert und durchdacht ist. Erst durch den Prozess, durch das eigentliche Arbeiten und ständige Überarbeiten der eigenen Werke wird man besser. Seht das Schaffen von Geschichten als Handwerk, welches Ihr mit der Zeit, die Ihr in dieses investiert, meistern werdet. Was zählt ist der Wille dazu, nicht das „angeborene Können“. Es ist der Wunsch, nicht das Talent, welcher am Anfang eines schriftstellerischen oder künstlerischen Lebensweges steht.

Es gibt Schüler, die aus dem Deutschunterricht mit den besten Noten hervorgehen, wirklich großartig im Analysieren und dem Schreiben von Aufsätzen sind, aber nicht die Fantasie und Ausdauer für das Schaffen einer eigenen Geschichte aufbringen, oder schlichtweg kein Interesse daran haben. Konzentriert Euch also auf euer Gefühl, auf Euren Ehrgeiz und Eure eigenen Ideen. Strebt an, Euch stetig zu verbessern und etwas Umwerfendes zu schaffen. Dieser Wille ist entscheidend, nicht das Schulzeugnis. Erlaubt Euch, „nicht perfekt“ zu sein und vergesst niemals, bei dem Verwirklichen Eurer Fantasie und dem Verewigen Eurer Geschichten Spaß zu haben. Erinnert Euch daran, was für eine fantastisch magische Sache Ihr damit tut, Welten und Charaktere aus dem scheinbaren Nichts zu schaffen.

Wo finde ich Inspiration zum Schreiben und zum Zeichnen?

Schaut mal hier:

Animexx.de ist das deutsche „Facebook“ für Fans von Anime, Manga, Comics, Filmen und Büchern. Die Seite umfasst eine umfangreiche Plattform, auf der man sich in Foren austauschen wie auch seine eigenen Zeichnungen und Geschichten übersichtlich präsentieren kann. Wie bei Fanfiction.de können Leser diese Werke direkt mit Eindrücken, Empfehlungen und Kritik versehen. Ebenso kann man andere Mitglieder zum gemeinsamen Zeichnen, Schreiben und sogar große Gruppen zum Rollenspielen finden.

Deviantart.com ist die größte Zeichner-Webseite der Welt. Zum einen kann man seine eigenen gezeichneten und geschriebenen Werke präsentieren und zum anderen dient die Möglichkeit zur Bildersuche auch hervorragend als Inspirationsquelle für abstrakte Wesen, Magier, Landschaften etc.

Ob man Text-Generatoren wie ChatGPT als „Co-Autoren“ engagieren möchte, muss jeder selbst entscheiden.

Absolut empfehlenswert sehe ich jedoch AI Image Generatoren / AI Bildgeneratoren, welche mit den richtigen Schlüsselwörtern fantastische Landschaften und interessante Charaktere gestalten. Diese eignen sich hervorragend als Inspiration und Vorlage für diejenigen Fantasy-Autoren, die weniger mit dem „inneren Auge“ sehen.

Díe meisten AI Generatoren sind kostenlos nutzbar oder bieten eine kostenlose Probezeit. Oft sprechen sie dem Nutzer als Inspirations-Geber für die generierten Werke auch kommerzielle Nutzungsrechte zu. Somit könnt Ihr über AI Generatoren kostenlose Bilder für Eure Homepage, Werbematerialien oder gar Euer Buchcover erstellen.

Wer noch unsicher mit dem Schaffen seiner eigenen Welten und Charaktere ist, dafür aber gerne Geschichten in bestehenden Universen mit Charakteren anderer Autoren verfasst („Meine eigene Harry Potter Geschichte, in der ich nach Hogwarts komme“), kann auf Fanfiktion.de seine Texte kapitelweise hochladen. Leser können kommentieren und somit für neue Inspiration sorgen.

Fun Fact: Der Erfolgsroman „Fifty Shades of Grey“ war ursprünglich eine Twilight-Fanfiktion. Nachdem diese Fan-Erzählung auf stark positive Resonanz traf, wandelte Autorin Erika James die Protagonisten Bella und Edward zu Anastasia und Milliardär Christian Grey und veröffentlichte ihre Geschichte als Eigenwerk.

Wer weiß, wie sich Ideen, welche Ihr in einer Fan-Geschichte entwickelt, am Ende in Euren Eigenwerken wiederfinden werden?

Viele Autoren haben Videoblogs, in denen sie über ihre Erfahrungen und Schaffensprozesse sprechen. Viele Interviews mit aufstrebenden wie auch anerkannten Berühmtheiten finden sich dort. Noch häufiger findet Ihr Tutorials, in denen Zeichner ihre Fähigkeiten demonstrieren und zeigen, wie mit bestimmten Medien zu arbeiten ist.

Aber Achtung: Nicht nur passiv konsumieren, sondern das Erfahrene aktiv umsetzen. Übung ist der Schlüssel zum Ausbau der eigenen Fähigkeiten.

Es muss nicht nur das Internet sein! Findet Euch mit Gleichgesinnten zusammen und lasst Eurer Fantasie freien Lauf. Gestaltet Eure Welt gemeinsam, dann übernehmt ihr jeweils einen oder mehrere Charaktere und lasst diese aufeinandertreffen – Hier seid Ihr die Götter und das Schicksal, und Eure Figuren durchleben gemeinsam jedes Abenteuer, in das Ihr sie stolpern lasst. Denkt Euch alles von Anfang bis Ende selbst aus, oder spielt in vorgefertigten Welten wie zum Beispiel Dungeons and Dragons.

Ihr wisst noch nicht genau, wie Ihr anfangen sollt? Schaut erst einmal zu: Viele etablierte Gruppen posten ihre Rollenspiel-Sitzungen auf Kanälen wie Youtube. Oder fangt klein an, nehmt die Rolle eines Nebencharakters ein und lasst Euch leiten: Auf Animexx gibt es unzählige online-Rollenspielgruppen, die sich immer über neue Mitglieder freuen.

Offensichtlich. Nehmt Euch die Bücher vor, die Euch besonders gefallen und definiert, wieso das so ist. Übernehmt Strukturen, Formulierungen und generelle stilistische Vorgehensweisen, bis Euch Eure eigene Geschichte ebenso gefällt. Analysiert also bewusst, was Eure Lieblingsgeschichten auszeichnet.

Kritik darf nicht nur von „zu wohlwollenden“ Freunden kommen. Gebt Eure Geschichten auch an Menschen, von denen Ihr wisst, dass sie „ohne Rücksicht“ auf Eure Gefühle objektiv beurteilen können. Vorsicht aber: Nie darf „finde ich schlecht“ ohne das begründende „weil …“ kommen. Vergesst ebenso nicht, dass Ihr die Schöpfer eurer Werke seid und für immer bleibt. Kritik sollte Euch Ideen bringen und manches überdenken lassen, aber letztendlich entscheidet Ihr. Seid offen für konstruktive Vorschläge, aber lasst Euch als Autoren und Künstler niemals gegen Euren Willen so weit verbiegen, dass Ihr euch am Ende nicht mehr in Eurem Werk wiederfindet.

Man muss nicht jeden Tag dasselbe leisten. Manchmal fließen die Worte wie Wasserfälle, und man hat nach einer Stunde Seiten fertig. Manchmal braucht man die selbe Zeit, um an den selben drei Sätzen rumzuschrauben – und am Ende passen sie einem immer noch nicht. Erlaubt Euch Pausen. Vergesst Euer eigenes Leben und Eure eigenen Abenteuer nicht unter all den Erlebnissen, die Ihr Euren Charakteren schenken wollt. Eine Routine ist gut, und eine Karriere im Schreiben und Zeichnen braucht Ehrgeiz und Durchhaltevermögen, aber verzeiht Euch selbst, wenn es mal für ein paar Tage oder Wochen gar nicht funktionieren möchte. Gebt Euch die nötigen Pausen, solange Ihr wieder zu Euren Werken zurückkommen werdet. Nichts geht verloren, wenn Ihr Euch ein wenig in der echten Welt verliert; Eure Papier-Welten und Eure Charaktere werden geduldig auf Euch warten, bis Ihr soweit seid, ihnen weitere Abenteuer zu schenken (: